Wangen im Allgäu

Wangen im Allgäu

Erste Vorboten des 30-jährigen Krieges erreichten die Reichsstadt Wangen schon 1622. Durch die Geldnot vieler Fürsten wegen der Kriegskosten kam es zu einer starken Teuerung von Lebensmitteln. Hinzu kamen in den Folgejahren mehrere Durchzüge von Truppen der kaiserlich-katholischen Liga.
Die Wangener mussten den Truppen Abgaben zahlen und ihre Winterquartiere in der Stadt finanzieren. Auch benahmen sich die Truppen teilweise wie feindliche Soldaten, obwohl Wangen selbst auf der Seite der kaiserlichen Liga stand. Von echten Kampfhandlungen aber blieb die Reichsstadt noch verschont. Das sollte sich 1627 ändern.

Ausschnitt aus der Wangener Landtafel des Malers Johann Andreas Rauch von 1617. Nach ihm ist die heutige Realschule in Wangen benannt.

Erste Kampfhandlungen in Niederwangen 1627

Am 7. September 1627 kam es zu einem ersten blutigen Aufeinandertreffen mit etwa 300 Soldaten der kaiserlichen Truppen. Der Junker Humpis zu Schomburg hatte den Soldaten Quartier in Hiltensweiler genehmigt. Von dort aus überfielen sie Orte rund um die Stadt Wangen. Als sie sich Zugang zu Niederwangen verschaffen wollten, wehrten sich auf Befehl der Obrigkeit der Stadt Wangen vor allem Niederwangener Bauern dagegen. Sie versperrten die Gassen nach Niederwangen mit Wägen und eröffneten das Feuer auf die Soldaten. Vier Bauern kamen dabei laut Pfarrchronik von Niederwangen ums Leben. Darunter auch ein Urahn der Familie Hasel, die heute noch immer in Niederwangen ansässig ist.

Nur drei Tage später kam es erneut zu einem Gefecht. Dieses mal mit 180 Reitern der kaiserlichen Truppen in Herfatz. Eigentlich wollten die Wangener die Soldaten von der Stadt fern halten. Dazu sollten sie von 200 Bürgern und Bauern in Empfang genommen und dann bis zur Brücke in Dürren geleitet werden. Der Plan ging schief. Denn die Soldaten griffen an und schossen auf die Wangener Bürger. Dabei gab es zwei Schwerverletzte und einen Toten. 

Das Totenbuch vermerkt die Verletzten und Toten von 1627 wie folgt:

Hans Schneider

Hans Schneider, Beckh allhier in das Haupt geschossen, doch hat Gott Gnad gegeben, das Er davon kommen weilen die Kugel am Haupt … nit hinein gangen.

Christoph Gneppler

Christoph Gneppler, Ferber in den Hals und durch das Maul geschossen.

Johannes Weber

Hans Weber, Hufschmied gleich gar verschossen ... Deshalb ist der durchbohrte gestorben 10. September ..., Mann der Barbara Strodlin.

Pestjahre in Wangen

Zweimal während der Zeit des Krieges wurde Wangen von der Pest heimgesucht: 1628/29 und 1634/35. Eingeschleppt wurde die Krankheit von den durchmarschierenden Soldatentruppen. Im Jahr 1628 fielen ihr etwa 30 Wangener und Wangenerinnen zum Opfer. Im Folgejahr waren es dann laut Totenbuch aber schon 649 Sterbefälle. Pfarrer Jakob Stehele vermerkte verzweifelt: "Jetzt fangt die laidige PESTIS wieder an. Gott geb Gnadt!"

1634/35 gab es dann wegen der durchziehenden schwedischen, aber auch kaiserlichen Soldaten ähnlich viele Pesttote wie 1629. Auch der Pfarrer Stehele selbst erkrankte an der Pest, überlebte sie aber: "Ist diese Krankheit also beschaffen gewesen, dass ich mehr taub als verständig, mehr todt als lebendig gewesen. Wie es dem Herrn gefallen, so ist es geschehen. Der Name des Herrn sei gepriesen.

"Hier durch die Schanz und Stadt, rinnt allzeit frisches Blut.
Dreimal sind schon sechs Jahr, als unser Ströme Flut,
Von Leichen fast verstopft, sich langsam fort gedrungen."

Die Schweden in der Stadt

Am 16. April 1632 eroberten die schwedisch-protestantischen Truppen Memmingen. Mit einer Reiterkompanie und 1.000 Mann zu Fuß. Schon am nächsten Tag zog von dort aus eine 800 Mann starke Truppe Richtung Leutkirch. Leutkirch und Wangen waren zu diesem Zeitpunkt von kaiserlichen Truppen besetzt. Als die Schweden sich näherten, zogen die kaiserlichen Soldaten aus Wangen ab.

Am 28. April standen die Schweden vor den Toren Wangens und wollten Einlass. Gegen die Zahlung von 1.350 Gulden verschonten die Schweden die Stadt Wangen vor Brandschatzung. Doch schon am Tag verschafften sich die Schweden gewaltsam Zugang zum Kassenraum im Gewölbe des Ratlochturms und erpressten weitere 3.825 Gulden. Außerdem nahmen sie der Stadt sämtliche Waffen (Kanonen, Schießpulver, Büchsen, Rüstungen, Spieße etc.) ab.

Nach einer Woche Besatzung kamen den Wangenern von Lindenberg kaiserliche Soldaten zu Hilfe. Unter dem Kommando von Hauprecht Humpis von Schomburg nötigten sie gemeinsam mit Wangener Bauern im Kampf bei Herfatz und in der Haid die Schweden zum Rückzug nach Leutkirch. Auf ihrem Weg brannten die Schweden unter anderem Teile von Ratzenried, Deuchelried, Waltershofen und Dürren nieder.

Nach dem Abzug der Schweden mussten die Wangener wieder kaiserliche Truppen - aus Lindenberg und Bregenz - einquartieren und bezahlen. Doch das dauerte nur gut einen Monat. Denn dann zog König Gustav Adolf in Memmingen ein und befahl seinem mächtigen Heer die "Säuberung" Oberschwabens von den kaiserlich-katholischen Truppen. Sowohl die kaiserlichen Soldaten als auch die meisten Einwohner Wangens flohen daraufhin nach Bregenz. Als die Schweden in Wangen einmarschierten, sollen nur noch 14 Personen in der Stadt anwesend gewesen sein.
Keine technisch-wirtschaftliche Stadtentwicklung bis 1850 

In den Jahren 1633 und 1634 wechselten sich erneut Besetzungen und Angriffe Wangens durch kaiserliche und schwedische Truppen ab. Mit katastrophalen Folgen für Leben und Geldbeutel. Am 22. August 1634 zogen dann die schwedischen Truppen aus der Region ab und es folgten 12 Jahre Ruhe vor dem Kriegsgeschehen.

Im Dezember 1646 eroberten die Schweden ein letztes Mal Wangen. Unter dem Kommando von Generalfeldmarschall Wrangel benahmen sich die etwa 5.000 Soldaten jedoch sehr diszipliniert. Am 2. Januar 1647 brach Wrangel mit seinen Truppen auf, um Lindau zu belagern.

Am 1. August 1647 wurden die Schweden schließlich von kaiserlichen Truppen zum letzten Mal aus der Stadt vertrieben. Nun waren es wieder die Kaiserlichen, die Wangen plünderten.

Am 24. Oktober 1648 war mit dem Westfälischen Frieden dann auch der Krieg für Wangen beendet. Der heutige Stadtarchivar, Rainer Jensch, sagte über das Kriegsende in Wangen in der Schwäbischen Zeitung: "Wangen fiel danach in einen Dämmerzustand, hat sich bis etwa 1850 [industriell/technisch] nicht weiterentwickelt."
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